Haushaltsrede im Gemeinderat Ravensburg 20. Dezember 202220. Dezember 2022 Die gesamt Rede findet ihr auch hier zum Download: https://www.gruene-ravensburg.de/wp-content/uploads/2022/12/Haushaltsrede-19.12.2022.pdf Haushaltsrede zum Doppelhaushalt 2023/2024Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Ozan Önder Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Rapp, sehr geehrte Bürgermeister Blümcke und Bastin,sehr geehrte Amtsleiter*innen mit allen Mitarbeitenden, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleg*innen des Gemeinderates,heute werden wir gemeinsam den Doppelhaushaltsentwurf 2023/2024 verabschieden. Ein Entwurf, der stak geprägt ist von globalen Krisen. Die Corona-Pandemie mit all ihren Restriktionen im privaten und beruflichen Bereich ist noch nicht überstanden und viele Menschen und Unternehmen kämpfen ums wirtschaftliche Überleben. Verstärkt wird dieser Kampf nun leider durch einen brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der nicht weit weg ist von uns und unser aller tägliches Leben entscheidend beeinflusst. In unserem Doppelhaushalt sind die dadurch gestiegenen Energiekosten spürbar und belasten auch unsere Finanzen enorm.Durch die anhaltende Energiekrise haben wir gelernt sparsamer und achtsamer mit Ressourcen umzugehen. In den Medien war zu lesen, dass weniger geheizt wird und das der Grund dafür nicht nur der milde Herbst ist, sondern es darauf zurückzuführen ist, dass alle gemeinsam an einem Strang ziehen und auf den Verbrauch und die Kosten achten. Hier wäre es sehr zu wünschen, wenn das nicht ein Kurzzeiteffekt der Energiekrise ist und irgendwann wieder verpufft. Laut tagesschau.de nennen nur 5% der Menschen den Umweltschutz als Grund für ihr Energiesparverhalten – das muss sich dringend ändern. Auch wir als Stadt haben hier Möglichkeiten zum Einsparen gesucht und umgesetzt. Bereits als die Liste mit den Einsparpotenzialen der Stadt vorgestellt wurde, haben wir Grüne festgestellt, dass wir diese Maßnahmen für wenig ambitioniert halten und haben verschiedene Vorschläge eingebracht, die leider nur zum Teil umgesetzt wurden.Die Auswirkungen der Corona-Krise waren nicht für alle ein wirtschaftliches Desaster. Die Stadt Ravensburg gehört zu den finanziellen Gewinner*innen der Krise. Fakt ist, dass es Ravensburg trotz der Covid-19 Pandemie und Dank der Verbesserungen auf der Ertragsseite, insbesondere bei der Gewerbesteuer, gelungen ist, nicht nur gut, sondern deutlich besser als erwartet, durch die letzten Jahre zu kommen. Vielen Dank an dieser Stelle an alle Unternehmer*innen und vielen Dank an alle Bürger*innen, die mit ihrem Mut und ihrem täglichen Einsatz dazu beigetragen haben. Im Juli 2022 tagte der Städtetag Baden-Württemberg in Heidelberg und einige von uns waren dabei. Unter anderem Sie Herr Bürgermeister Bastin. Die gesamten zwei Tage wurde fast ausschließlich über Klimaschutz gesprochen und es herrschte Einigkeit darüber, dass auf kommunaler Ebene sehr viel erreicht werden kann und muss. Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz, der auch Präsident des baden-württembergischen Städtetags ist, sagte, dass der Klimaschutz die wichtigste kommunale Aufgabe geworden ist. Um unser gemeinsames Ziel, bis 2040 klimaneutral zu sein, erreichen zu können, müssen Kommunen schneller werden, die dafür wichtigen Entscheidungen treffen und die notwendigen Investitionen tätigen. Auch Sie Herr Oberbürgermeister haben jetzt mehrfach betont, dass die wichtigsten Bereiche im Doppelhaushalt Klimaschutz und Bildung sind und in diesen Bereichen keine Einsparungen vorgesehen sind. Selbst bei der jetzigen Energiekrise und einer nur sehr schwer zu prognostizierenden Finanz-Entwicklung tätigen wir Investitionen in diese wichtigen Bereiche und nehmen hier unsere Verantwortung sehr ernst und ermutigen damit auch andere Investor*innen.Die Coronakrise und nun auch die Energiekrise haben das Einkaufsverhalten der Menschen deutlich verändert. Nicht immer so wie es Händler*innen gerne hätten. Die letzten Tage zeigen aber eine enorme Frequenz in der Stadt, eine Frequenz, die Händler*innen auch dringend brauchen. Besucher*innen und Kund*innen genießen die weihnachtliche Atmosphäre in unserer Stadt und freuen sich über die attraktiven Angebote unserer Einzelhändler*innen. Verschiedene Veranstaltungen in der Stadt zeigen ganz klar, wie gut unsere Stadt erreichbar ist und welch gutes Angebot wir in unseren Parkhäusern und Parkgaragen rund um die Stadt haben. Leider haben wir in den letzten Jahren unnötig und ohne messbaren Erfolg auf Einnahmen in unserer Marienplatz-Tiefgarage verzichtet. Hier wurde Geld ausgegeben, dass man deutlich sinnvoller im Sinne aller Händler*innen in der Innenstadt und Bürger*innen hätte einsetzen können.Die durch Händler*innen und Bürger*innen viel beklagte Baustellensituation in der Innenstadt wird sich hoffentlich bald verbessert haben. Viele Geschäfte haben mit der Situation zu kämpfen und haben dadurch Mindereinnahmen. Im Oktober gab es auf Initiative des Bauernmarkts ein Gespräch mit Händler*innen, Wirtschaftsforum Pro Ravensburg und Kommunalpolitik. Bei dem Gespräch ging es in erster Linie um die Parkplatz- und Baustellensituation in der Innenstadt, die zu Unzufriedenheit mancher Händler*innen führte, auch wenn alle Beteiligten es verstehen, dass es sich bei den Baustellen um notwendige und zukunftsweisende Maßnahmen handele. Den Infowagen in der Herrenstraße möchten wir an der Stelle positiv erwähnen, eine sehr gute Idee. Viele Bürger*innen nutzen dieses sehr niederschwellige Angebot und fühlen sich ernstgenommen und mitgenommen. Um die Situation in der Innenstadt noch mehr in den Fokus zu rücken, ist ein „Runder Tisch – Handel und Gastronomie mit Kommunalpolitik“ angedacht. Wir haben bereits unser Mitwirken zugesagt.Zur Parkplatzsituation wollen wir folgendes bemerken:Nach der Sanierung der Marienplatz-Tiefgarage, im absoluten Zentrum unserer Stadt und in unmittelbarer Nähe aller Einkaufsmöglichkeiten, wurden die Preise fürs Parken nicht erhöht. Im Gegenteil, wir nehmen mit nun mit weniger Parkplätzen, die jetzt SUV-gerecht sind, auch weniger Geld ein. Auch die Inflation und die gestiegenen Betriebskosten wurden hier nicht weiterberechnet. Diese Mindereinnahmen führen zu einem Defizit bei den Ravensburger Verkehrsbetrieben und da sie aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht durch die Stadt ausgeglichen werden dürfen, führen sie zu weniger Liquidität und senken die ohnehin stark gesunkene Eigenkapitalquote der Ravensburger Verkehrsbetriebe nochmals.Fairtrade-Town Seit 2012 ist Ravensburg Fairtrade-Town. Nicht immer wurden die Kriterien dieser Auszeichnung gebührend umgesetzt und es gab oft Kritik von uns Grünen. Erfreulicherweise wurde jetzt voller Begeisterung aus dem Ausschuss für Kultur, Tourismus und Stadtmarketing berichtet. Dieses Thema bekommt endlich den Stellenwert, den es verdient und sollte noch sichtbarer gemacht werden. Mit Bannern, Fahnen, Taschen und einem Logo auf der Website soll Aufmerksamkeit erreicht werden und sichtbar gemacht werden, für welche Werte unsere Stadt steht. Mit wenig Budget kann hier sehr viel erreicht werden. Auch bei Empfängen, Jubilar-Geschenke soll dieses Thema immer Beachtung finden. Ziel von Fairtade ist es, einen bedeutenden Entwicklungsbeitrag zu leisten und das Leben der an der Produktion beteiligten Menschen und Familien in Anbauländern zu verbessern. Wir als Stadt sindhier Impulsgeber mit großer Strahlkraft. SportAuch hier hat sich sehr viel getan. Die Kaltlufthalle „TWS-Arena“ ist fertiggestellt und wird sicher sehr gut genutzt werden. Der TSB Ravensburg mit seinen 3.200 Mitgliedern bekommt eine Stahlrohrtribüne zurSicherstellung des Bundesligaspielbetriebs. Aber auch im Hinblick auf Schulsportveranstaltungen sowie auf das 2024 im Gemeindeverband Mittleres Schussental stattfindende Landesturnfest ist es sinnvoll, dass die hierfür notwendigen Haushaltsmittel im Doppelhaushalt 2023/2024 veranschlagt wurden.Gleiches gilt für die bereitgestellten Haushaltsmittel für den Investitionszuschuss an den FV Ravensburg. Für jegliche weitere Planungen und Maßnahmen wurde ganz aktuell die Prioritätenliste zu den Sportstätten entwickelt und bietet damit eine äußerst wertvolle Grundlage. Auch bei den Schulsporthallen laufen die notwendigen Sanierungen.BildungWir werden eine neue Grundschule bauen und können passgenau die erforderlichen Raumstandards für die Ganztagsbetreuung berücksichtigen um somit dem Rechtsanspruch gerecht zu werden. Der neu erworbene Standort in direkter Nachbarschaft zum jetzigen Kuppelnau-Areal ist perfekt dafür und stärkt den Schulstandort Nordstadt. Die äußerst detaillierte Rahmenkonzeption für die Ganztagsschule steht, hier ist die sehr gute, rechtzeitige und vorausschauende Planung zu loben.Ein weiteres erfreuliches Großprojekt ist der Schussenpark mit einem sehr guten Entwurf und großer Vorfreude in der Bürger*innenschaft. „Ein Park mit Multifunktion“ so war es in der Presse zu lesen. Eine kleine Naherholungszone schaffen und zeitgleich etwas für den Klima- und Hochwasserschutz tun. Die Herausforderung besteht jetzt darin, nicht wieder durch die bereits formulierten Anmeldungen für Park-and-Ride und Park-and-Kiss den Renaturierungsaspekt zu verwässern. Wir finden es sehr befremdlichund schade, dass es aus dem Gemeinderat Stimmen gibt, die dieses Multifunktions-Projekt kippen wollen, weil es zu viel koste. Diese Personen haben den Ernst der Lage nicht begriffen. Klimaschutz ist eine Kernaufgabe von Kommunen und mit dem Schussenpark tun wir was fürs Stadtklima und bekommen fast die Hälfte vom Bund gefördert. Ein weiteres Großprojekt ist die Sanierung des Kornhauses. Auch hier profitieren wir von einem großzügigen Förderprogramm des Bundes. Mit dieser Förderung gelingt es uns dieses 600 Jahre alte Kulturdenkmal zu sanieren und die Stadtbücherei zukunftsträchtig zu entwickeln. Neben Rathaus, Waaghaus, Lederhaus und Bauhütte gehört das Kornhaus zum stadtbildprägenden Ensemble historischer Gebäude in unserer Innenstadt. Die anderen genannten Häuser wurden schon oder werden aktuellsaniert. Die Schattenseite dieser Fördermaßnahme ist wieder einmal die gesetzte Frist. Es muss parallel zu den bestehenden Aufgaben durchgeführt, fristgerecht umgesetzt und abgerechnet werden. Wir wissen aus den Erfahrungen der letzten Jahre, dass Sanierungen an historischen Gebäuden oft länger dauern als ursprünglich Zeit vorgesehen war und die Kosten nur sehr schwer einzuschätzen sind. Unsere Bürgermeister Blümcke und Bastin sind da sehr optimistisch und vertrauen auch auf das Wohlwollen des Fördergebers.„Klimamobil“Ravensburg ist eine von 15 Modellkommunen in Baden-Württemberg, die beim Kompetenznetzwerk Klimamobil das Rennen gemacht haben und gefördert werden. Mehr Platz zum Verweilen, Spazieren, Radfahren – und vor allem: weniger Autos, Lärm und schlechte Luft! Die Ravensburger Innenstadt soll für Menschen, die zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem öffentlichen Personennahverkehr unterwegs sind, attraktiver werden. Der innerstädtische Autoverkehr soll für die klimafreundliche Mobilität Platz machen. Im Rahmen des Projekts möchte Ravensburg ganze Verkehrszüge neu gestalten. Dieses Projekt ist auch ein wichtiger Schritt zur Realisierung des Ravensburger Klimakonsens und findet unsere volle Unterstützung.RadschnellverbindungMit der Radschnellverbindung Friedrichshafen-Baindt wird das gemeinsame Ziel der angrenzenden Städte und Gemeinden, nachhaltige Mobilitätsformen zu fördern in Angriff genommen. Radschnellverbindungen können maßgeblich dazu beitragen, Pendlerverkehre vom Auto auf das Fahrrad zu verlagern und sind für das Erreichen unseres Klimaziels unabdingbar. Damit die Verbindung aber attraktiv ist, ist es zwingend erforderlich, dass der Streckenverlauf möglichst direkt und möglichst zentral verläuft.Die Kriterien für die Verbindung schließen viele Streckenverläufe aus, da sie eine ausreichende und komfortable Breite und durchgängige, attraktive und sichere Befahrbarkeit mit hohen Geschwindigkeiten voraussetzen. Zusätzlich sind hohe Qualitätsstandards in Linienführung, Gestaltung und begleitender Infrastruktur zu berücksichtigen. Hier wäre es gut, wenn es nicht durch unnötigen Protest wegen der Streckenführung zu Verzögerungen kommt. Technisches RathausEs ist erfreulich, dass mit dem WLZ-Gebäude nun ein perfekter Standort für das Technische Rathaus gefunden werden konnte. Dieses stadtbildprägende Gebäude bekommt wieder eine Funktion. Das Technische Rathaus und die Kämmerei werden hier in einem durch einen Investor sanierten Gebäude in einer modernen Arbeitswelt untergebracht und durch die Nähe zur Innenstadt wird es für Bürger*innen deutlich leichter zu erreichen sein. Blick in die Zukunft des Gemeinderates. Die Zusammensetzung des Gemeinderates wird sich noch während unseres verabschiedeten Doppelhaushalts verändern. Im Mai 2024 finden Kommunalwahlen statt. Hier sind wir aufgefordert zu prüfen, ob die Unechte Teilortswahl beibehalten bleiben soll oder nicht. Die Vor- und Nachteile sind uns bekannt und waren auch in der Sitzungsvorlage sehr gut beschrieben. Ende Januar werden wir mitteilen, wie wir Grüne uns entschieden haben. Kommen wir zurück zu unseren Finanzen. Natürlich spielt die Höhe der Kreisumlage eine enorme Rolle was unsere Finanzen angeht und wir können froh darüber sein, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder in letzter Sekunde zu einer Senkung gegenüber dem Plan des Kreises kam. Das wird es in den nächsten Jahren aber nicht mehr geben. Die notwendigen Projekte des Kreises sehen in der mittelfristigen Finanzplanung eine Erhöhung der Kreisumlage vor, die notwendig ist und wir uns darauf einstellen müssen. Nach langem Kampf und nach mehreren zeitlichen Verschiebungen sollen nun Scheffelplatz und Bechtergarten ab März 2023 bewirtschaftet werden. 4€ am Tag und maximal 48€ im Monat, das ist aus unserer Sicht ein fairer und gerechtfertigter Preis. Kostenloses und stadtnahes Parken gibt es dann weiterhin auf dem Oberschwabenplatz ohne Parksuchverkehr in der Nordstadt zu verursachen. Unser CO2-Reduktionsziel von 13% pro Jahr haben wir verfehlt, somit müssten wir noch mehr CO2 in den kommenden Jahren einsparen und dies ist nur mit einem Umdenken möglich. Wir haben viel vor in den nächsten Jahren. Unsere geplanten Investitionen für 2023 und 2024 bewegen sich zusammen bei ca. 90 Millionen €. Die letzten Jahre haben allerdings gezeigt, dass wir nicht mehr als 20-25 Millionen € leisten können. Hier stoßen wir an Grenzen, die schon allein aus personellen Gründen gegeben sind. Wir Grünen sind der Meinung, dass wir uns neben dem Klimaschutz nur auf unsere Pflichtaufgaben konzentrieren müssen, die in den nächsten Jahren ohnehin viel Raum und Kraft in Anspruch nehmen werden. Bereits in früheren Haushaltsreden betonten wir Grüne immer wieder, dass wir mit den Verkaufserlösen aus bebauten und unbebauten Grundstücken zwar unser Ergebnis verbessern, aber uns allen muss klar sein, dass wir hier ein endliches Gut veräußern, mit der Folge von noch mehr Flächenversiegelung. Auch im Doppelhaushalt 2023/2024 wird hiervon Gebrauch gemacht. Zum Schluss Wir Grüne tragen den Doppelhaushalt 2023/2024 mit. Dabei appellieren wir eindringlich, in den nächsten Jahren deutlich mehr Geld in Umwelt und Klima zu investieren und hoffen auf Mehrheiten, wenn es dann tatsächlich um Umsetzungen geht. Wir bedanken uns beim Oberbürgermeister, den Bürgermeistern, den Amtsleiterinnen und allen Mitarbeitenden unserer Stadtverwaltung.Noch ein persönlicher Dank an meine Fraktionskolleg*innen, die mit mir zusammen, diesen fast 2,6 kg schweren Doppelhaushaltsentwurf studiert haben. Im Namen unserer Fraktion wünsche ich allen ein friedvolles Fest.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Für die Gemeinderatsfraktion der Fraktion Bündnis 90/Die GrünenOzan ÖnderFraktionsvorsitzender